Tour 2

Von Luther, Schlacke und schönen Aussichten

Im Anschluss an einen Besuch von Luthers Geburtshaus in Eisleben führt unsere Tour auf Schlackesteinen durch das Nikolaiviertel zum Stadtrand, hinauf auf die Halde des Max-Lademann-Schachts, über die Ackerwege des Friedrichsbergs zum Katharinenholz oberhalb von Kreisfeld und schließlich nach Wimmelburg. Von hier aus bringt uns der Bus zurück in die Stadt.

Bei St. Petri-Pauli, Luthers Taufkirche, stehen einige Wolken. Die Sonne wird sie rasch wegleuchten. Ein Blick in Richtung Markt lässt uns zwischen St. Andreas und dem recht spitzen Turm von St. Nikolaus im Norden die Flachhalde des Max-Lademann-Schachtes erblicken. Über uns fliegt eine Gruppe Möwen vom Süßen See. Später wollen auch wir hinauf, hoch auf die Eislebischen Berge, um auf die Stadt zu schauen.

Lutherstadt Eisleben – wer hätte es anders erwartet. Wo wir auch sind, von überall her starrt uns das Konterfei des Reformators an. Von Dosen und Frühstücksbrettchen, aus Fenstern und von Wänden, drinnen wie draußen.

  • Strecke: 9,3 km
  • Dauer: ca. 4h
  • Beschaffenheit: Schotterweg, Feldweg, Straße
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Martin Luther ist in Eisleben geboren und wurde hier getauft, er hielt hier seine letzte Predigt und schloss hier für immer die Augen. So ist es in dieser Stadt auch kaum möglich, ihm auszuweichen. Wir versuchen es gar nicht erst sondern begeben uns direkt in Luthers Geburtshaus. Im Neubau sind die Epitaphien aus den 1560er Jahren sehr vereinnahmend, die bereits 1816 auf Anraten des Architekten Karl Friedrich Schinkel aus den Säulenhallen des Eislebener Kronenfriedhofs hierher gebracht wurden. Neben den christlichen Traueraufgeboten für die Hüttenmeister Jacob Heidelberg und Georg Feuerlein zeigen die Gemälde im Bildhintergrund Stadtansichten, die zu den ältesten Ansichten der Lutherstadt gehören. Wir studieren noch einmal das Stadtmodell zu Beginn des Rundgangs. Es zeigt Eisleben nach 1560. Wir versuchen, uns zumindest die Kirchturmspitzen zu merken und wollen nun hinaus, um von hoch oben über der Stadt das wirkliche Eisleben überblicken zu können.

Wir nehmen den kurzen schmalen Stieg hinter dem Museum entlang der Bösen Sieben und lassen die Taufkirche Luthers links hinter uns. Wir queren den Bach und finden durch die Glockenstraße den Weg zum Markt. Hier schaut Martin Luther mit der St. Andreaskirche im Rücken vom Sockel über den Platz. Das Denkmal wurde 1883 zum 400. Geburtstag des Reformators eingeweiht. In der rechten Hand streckt Luther die päpstlichen Bannbulle von sich und mit der linken presst er die Bibel an sein Herz. Eines der vier Bronzereliefs des Sockels zeigt Luther beim Musizieren mit seinen Lieben.

Vor dem Rathaus beginnt der Anstieg durch die Münzgasse, wir folgen dem Zickzack der Gassen und Straßen in Richtung Nikolaikirche. Die Kirche steht leer, sie wurde zwar durch das Engagement einer Bürgerinitiative vor dem Verfall gerettet, ihr Inventar ist jedoch längst auf andere Kirchen der Lutherstadt verteilt. Wir umkreisen den Bau aus hellem Sandstein, der im 15. Jh. errichtet worden ist. Eisleben wuchs in dieser Zeit und das Nikolaiviertel war eine wichtige Stadterweiterung. Heute geht Eislebens Einwohnerzahl zurück. Sie hat sich seit 1990 von 35.000 etwa um ein Drittel reduziert.

Schon während des ganzen Weges bemerkten wir, wie vielseitig die Schlacke, ein Abfallprodukt der Kupfergewinnung, Verwendung findet. Als Mauer-, Zier- und Rinnstein, als Pflaster oder als Markstein mit Prägung. Selbst das Bett der Bösen Sieben unten im Tal ist mit Schlackestein ausgelegt. So wie andernorts das Gestein der Gebirge die Farbe der Bauwerke und Wege bestimmt, so sind es hier im Mansfeld schwarze oder graue Kunststeine, die die Landschaft prägen. Pflastersteine aus Mansfeld-Schlacke wurden weit über das Umland hinaus in ganz Europa vertrieben. »Mansfeld pflastert Europa« heißt eine Ausstellung im Humboldt-Schloss Großörner. Für die meisten Anwendungen wurde Schlacke einfach vor dem Abkühlen in Formen gebracht. Mit Ausnahme der Wickelschlacke, die beim Hausbau Verwendung fand. Ihr Name bezieht sich auf das Einmischen oder Einwickeln von Koksgruß in flüssige Schlacke mit Hilfe von Harken. Der Gruß vergast im Inneren der Schlacke und bläht das in Formen verbrachte Material zu großen rauhen Blöcken auf.

Wir haben den nordwestlichen Stadtrand erreicht. Über den Dächern der Saarbrückener Straße erblicken wir die Halde des einstigen Fortschrittschachts bei Volkstedt. Sie ist mit über 150 m die höchste Halde nordwestlich von Eisleben. Es gibt im Mansfeld drei Arten von Halden. Die unzähligen Kleinhalden entlang des höheren Randes der Mansfelder Mulde, die bereits zu Zeiten von Luthers Eltern, denen der Kupferschieferabbau zu gewissem Wohlstand verhalf, entstanden sind. Als im Verlauf des 19. Jh. der Bergbau befähigt durch neue Technologien in weitere Tiefen vordringen konnte, wuchs auch der Abraum und es entstanden die großen Flach- oder Tafelhalden. Auf der Suche nach dem Kupfer musste man sich vom Hang immer weiter ins Tal begeben, wo das Kupfer unter gewaltigen Sedimentschichten zu finden ist. Der Abraumanteil und Flächenverbrauch der Halden wurde immer größer und so erfand man in der Mitte des 20. Jh. ein mit der Haldenspitze in die Höhe wachsendes Förderband, das den Abraum stets vom höchsten Punkt auf die Halde verteilte. So entstanden die Mansfelder Pyramiden.

Wir laufen auf die Südhalde des einstigen Max-Lademann-Schachts zu. Sie erstreckt sich entlang der Glumestraße. Die Straße trägt den Namen des Baches, dessen Lauf mit dem Haldenabraum verschüttet wurde. Wir treffen Herrn Michalski, der vor seinem Haus nach dem rechten sieht. Als wir ihn fragen, wie wir auf die Halde raufkommen, weicht Herr Michalski der Antwort aus. Er erzählt von Mopedfahrern die oben am Haldenrand langfahren »und dann noch mit nem Kind vorne drauf«. Ungläubig tasten unsere Blicke die steilen Hänge ab. Wir fragen Herrn Michalski, ob ihn die Halde vor seinem Fenster nicht stören würde. »Ich sage immer, ich bin hier auf der Alm« erwidert er. Dann fängt Michalski an zu erzählen. »Da kam ähn janz schlauer, der wollte Geld drausmachen – mit Straßensplitt. Da wärs vorbei jewesen mit de Ruhe – nur Krach und Geschepper. Aber der durfte das nicht verwenden fürn Straßenbelach. Die ham Schwefel drin jefunden. Wenns hier schneit, ist die Kuppe gleich wieder frei, vom Schwefel schmilzt der Schnee weg«.

Neben dem Haus stehen riesige Torpfeiler aus Sandstein, »was war das denn mal für ein Gehöft?« fragen wir. Ach die Pfeiler sind nicht von hier sondern von der Samenhandlung in Eisleben unten. Ok, nichts ist so wie es scheint.

Auch wenn wir leider in einer schneefreien Zeit gekommen sind, wollen wir uns die Haldenkuppe etwas genauer anschauen. Wir folgen der Straße weiter Richtung Westen am Rand der Halde entlang, bis wir schließlich einen fahrspurbreiten Weg finden, der recht bequem die Halde hinauf führt. Oben angekommen überblicken wir zunächst das mit Birken bewachsene Plateau. Es sind zahlreiche Wälle als Windschutz für die noch recht karge Vegetation angelegt. Mehrere Trampelpfade führen durch die hohen Gräser an die Ränder des Plateaus heran. Von hier aus genießen wir aus lichter Höhe den Blick über Eisleben und weiter nach Süden. Im Osten sehen wir Volkstedt und die Spitzkegelhalde des Fortschrittschachts in voller Größe. Der Wind treibt uns rasch wieder hinunter. Beim Abstieg sehen wir im Norden die Flachhalde vom Zirkelschacht und östlich von ihr die Kegelhalde des E.-Thälmann-Schachts. Unterhalb der Halde befindet sich ein riesiges Solarfeld.

Wir bleiben auf der Hochebene über Eisleben und gehen durch die Siedlung am Friedrichsberg in Richtung Kreisfeld. Bald stoßen wir auf umgebrochene Äcker. Die für weite Teile des Mansfelds typische rote Färbung des Bodens entstand unter besonderen Bedingungen. Im späten Erdaltertum, vor etwa 300 Millionen Jahren, vereinten sich die Lithosphärenplatten zu dem Superkontinent Pangaea. Die Landmasse des heutigen europäischen Kontinents befand sich in Äquatornähe. Durch Drift nach Süden war Mitteleuropa im Perm vor etwa 250 Millionen Jahren einem besonders trockenen und heißen Festlandklima ausgesetzt, infolge dessen der Eisenanteil der Abtragungsprodukte rot oxidierte. Die Ablagerungen dieser erdgeschichtlichen Zeit sind nicht allein im Mansfelder Land als Rotliegend bekannt.

Der Feldweg ist von Birnbäumen gesäumt. An einem Stamm entdecken wir ein Schild mit stilisierter Jakobsmuschel, das den St. Jakobus Pilgerweg markiert. So wird einem im Kernland der Reformation der Weg ins entfernte Santiago di Compostela zu den Gebeinen des Apostels Jakob gewiesen. Hierzu fragt Luther rhetorisch, »Wer weiß, wen sie dort begraben haben?«.
In der Tat gilt dieser Mythos um Jakob als problematisch. Im Mittelalter diente die Legende von einer frühzeitigen Missionstätigkeit Jakobs auf der iberischen Halbinsel als Legitimation für die Vertreibung von Mauren und Juden durch die katholische Kirche. Der Francofaschismus sah in Jakob die Identifikationsfigur für ein nationales Spanien. In den 1950er Jahren begann die Ausweitung des Pilgerwegs über Spanien hinaus als Nationen und Menschen verbindende Geste. Stationen im Mansfelder Land sind Hettstedt, dessen Stadtwappen Jakobus d. Ä. mit Stab und einer Tasche mit Muschel zeigt, St. Andreas in Eisleben, das Kloster in Helfta und das Benediktinerkloster St. Marien in Klostermannsfeld.

Links vom Weg – tiefschwarz – erhebt sich eine Schlackehalde, sie ist das Überbleibsel der einstigen Karl-Liebknecht-Hütte ebenso bekannt als Krughütte. Von hier aus gesehen erscheint die Halde nur als kleiner Hügel. Tatsächlich erstreckt sie sich über mehrere hundert Meter oberhalb des ehemaligen Hüttengeländes. Unten im Tal der Bösen Sieben schließt sich die untere Halde an, die bis an den Rand von Wimmelburg reicht. Die Haldenfelder der ehemaligen Hütte sind zu einem riesigen Solarpark von etwa 100 ha überbaut.

Wir sind am westlichen Rand der Hochebene angelangt. Hier erstreckt sich nach Norden das Katharinenholz. Ein Hohlweg führt durch dieses Wäldchen hinunter nach Kreisfeld. Auf der Wiese links neben dem Weg lässt sich ein weiter Blick ins Tal vornehmen – über Kreisfeld hinweg in den Goldgrund. Auch hier hatten Luthers Eltern eine Hütte. Im Süden erblicken wir Wimmelburg. Wir folgen dem Hohlweg und biegen ab zur Gaststätte Katharinenholz. Obwohl Vorbereitungen für die Bewirtung einer geschlossenen Gesellschaft in vollem Gange sind, kommt aus der Küche eine kleine Stärkung für uns und der Wirt Detlef Schade erzählt beim Gläserspülen einige Geschichten. Warum die Böse Sieben so heißt: »Weil dieser Zulauf aus sieben Bächen besteht und weil unter bestimmten Witterungsbedingungen der Zulauf mitunter so heftig wird, dass es Hochwasser gegeben hat im Bereich Eisleben. Und da war sie halt böse.« Natürlich erzählt der Wirt auch von Bergbau und Hüttenwesen, »wenn früher abends oder nachts das Tal orange leuchtete« … »weil gerade die glühende Schlacke auf Halde den Hang runter gestürzt wurde …«. Wir verabschieden uns und schauen uns draußen noch die Freilichtbühne an, selbst die Sitzreihen der Arena sind aus Schlacke.

In Hergisdorf, Ortsteil Kreisfeld überqueren wir die Eislebener Straße. Vor einer langgestreckten Halde der Martins-Schächte, die gerade mit schwerem Gerät abgetragen wird, liegt der Sportplatz an der Halde. Bevor dieser 2001 von einem Splittplatz in einen Rasenplatz umgewandelt wurde galt er als Kreisfelder Schmirgelscheibe, berichtet das Schild neben seinem Eingangstor. Wir fragen Thomas Krummel, der gerade ins seinem Garten arbeitet. Er spielt bei den Alten Herren von SV Eintracht Kreisfeld und weiß über die Platzbedingungen bestens Bescheid. »Ich habe mich nie verletzt, aber manche hatten dann was an den Knien« sagt er lachend. Er holt noch eine Chronik von Kreisfeld mit zahlreichen Mannschaftsbildern aus seinem Haus. In ihr wird auch vom Kegeln von der Pfingstgesellschaft und der Bergbauhistorie berichtet. Erschienen als Festschrift zu 90-jährigem Jubiläum des Kreisfelder Sportvereins ist sie in der Gaststätte Katharinenholz erhältlich.

Es folgt ein weiterer Rasenplatz. Der FSV Grün-Weiß Wimmelburg spielt im Zentrum des 1.300 Einwohner zählenden Dorfes vor der Kulisse des unteren Schlackehügels der einstigen Krughütte.
Das Spielgeschehen kann nicht nur von der überdachten Zuschauertribüne aus verfolgt werden, sondern auch vom Spazierweg am Fuße des Friedrichsberges und von einzelnen Bänken auf der kleinen Halde an der linken Stirn des Fußballplatzes.

Wir überqueren die große Straße zwischen Eisleben und Sangerhausen. Beim Platz der LPG laufen wir auf die Reste der Anlage des ehemalige Kloster St. Cyriacus zu. Hinter dem Gehöft befindet sich ein weiterer Fußballplatz und die nächste Halde. Das Kloster ist während des Bauernkrieges 1525 von aufständischen Bauern geplündert worden. Das Wappen über dem Tor zeugt von der Übernahme des Gutes durch weltliche Herren. In der DDR wurde das Gehöft von einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) genutzt.

Wir queren die Böse Sieben, die durch Wimmelburg nach Eisleben fließt und laufen weiter durchs Unterdorf Richtung Bushaltestelle. Schlacke am Friedrichsberg zur linken, Haldengestein entlang der Hüneburg zur rechten verengen das Tal. Plötzlich erblicken wir die Krughütte, die den ganzen Kupferschiefer verschlungen und den dunklen hohen Schlackehügel ausgeworfen hat.
Am Straßenrand steht sie hier nur noch als Miniatur – als liebevoll gefertigtes Modell.
Bei der Krughütte wurden von unzähligen Arbeitern nicht nur Unmengen von Kupfer verhüttet sondern auch hunderte Straßenkilometer Pflastersteine aus Schlacke gegossen. Auf einigen der hier gefertigten Steine ist jeder von uns schon gelaufen. Doch den restlichen Weg zurück werden wir fahren. Ganz in der Nähe hält unser Bus nach Eisleben. Am Ortsausgang von Wimmelburg durchfahren wir die Millionenbrücke, von hier aus wurden Kupfer und Schlackezeug in die Welt gebracht.

Geschichten und Fundstücke

Die Wolfsmilchschwärmerraupe

Wir steigen das Nordufer des ehemaligen Salzigen Sees hinauf und blicken über die Fläche aus sumpfigen Wiesen mit resedagrünen Flecken und schilfbesäumten Wasserlöchern. Zwischen den Inseln aus Binsen schwimmen Wasservögel. Den Hang wieder hinunterlaufend entdecken wir mehrere größere bunte Raupen. Anschließende Recherchen egeben: es sind die Raupen des Wolfsmilchschwärmers, eine seltene und geschützte Art. In der Tat auf einem der Bilder kriecht die Raupe durch Wolfsmilchsgewächse, diese sind typisch für trockene stark besonnte Flächen.

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Unnamed Road, 06317 Seegebiet Mansfelder Land, Deutschland

Mundloch des Schlüsselstollens bei Friedeburg

Der Schlüsselstollen ist mit einer Länge von 32,3 km einer der längsten bergmännisch hergestellten Stollen in Europa. Er liegt auf seinem etwa halbkreisförmigen Weg entlang des Ausgehenden des Kupferschiefers vom Mundloch über Gerbstedt, Hettstedt, Klostermansfeld und Helbra bis nach Eisleben. Er gilt auch als ein Denkmal für die Kunst der Bergleute des 18. und 19. Jahrhunderts. Der Schlüsselstollen ermöglichte in den Jahren um 1890 – 1900 den Erhalt des Mansfelder Bergbaus in der Phase der großen Wassereinbrüche und stellte bis zur Einstellung des Bergbaus 1969 das Rückgrat der Wasserhaltung dar. Auch heute noch erfüllt er mit der Abführung von 20 – 25 m³/min aus der seit 1981 gefluteten Mansfelder Mulde seine Pflicht bei der Erhaltung des bestehenden hydrologischen Zustands. Noch heute sind einige Lichtlöcher des Schlüsselstollens zu seiner Unterhaltung befahrbar.

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Neue Siedlung 9, 06347 Gerbstedt, Deutschland

Lutherhalde Goldgrund

An einem heißen, sonnigen Tag im Juni begeben wir uns auf die Suche nach einem Zeugnis der Tätigkeit Hans Luders als Hüttenmeister. Der Vater des Reformators betrieb als umtriebiger Unternehmer im Bergbau zahlreiche Schächte in der Umgebung der Stadt Mansfeld, deren Halden jedoch bis zum heutigen Tag verschwunden sind. Auf dem so genannten Eisleber Berg am Goldgrund – in der Nähe von Wimmelburg – ist hingegen noch eine kleine Schlackehalde (1495–1509) Hans Luders zu finden. Wir entdecken sie auf einem Privatgelände hinter einem Maschendrahtzaun, vor dem eine Tafel auf die Vergangenheit des Geländes aufmerksam macht. Mit Blick auf den kleinen Hügel setzen wir uns an das Ufer des Goldgrundbachs und lassen unsere Füße im eiskalten Wasser baumeln.

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Pfingstfest: Waldpartie

Nachdem der Pfingstmontag in Ahlsdorf bereits am frühen Morgen auf dem Dorfplatz begonnen hat, verlagert sich das Geschehen auf die Pfingstwiese am Brandholz. Die kostümierten und beschwipsten Pfingsttänzer treffen dort von den Läufern angetrieben als erstes ein. Zahlreiche Kleingruppen folgen ihnen mit Picknickkörben ausgerüstet die Annaröderstraße hinauf in Richtung Waldrand. Dort werden die Pfingstgäste zur Waldpartie bereits erwartet: Auf der langgestreckten Wiese reihen sich zahlreiche bunte, selbstgebaute Spielbuden, ein Ausschank und ein Bratwurststand aneinander. Ein Flugzeug der “Lusthansa” – ein umgestalteter Anhänger, der von einem VW-Golf gezogen wird – füllt sich immer wieder mit neuen Gästen und zieht seine Bahnen den Waldweg hoch und runter. Wiederholt wird die Bahn jedoch für die jüngsten Läufer freigegeben, die ihre Peitschen bereits gekonnt knallen lassen. Pfingstburschen können sie dennoch erst im Alter von 18 Jahren werden - So will es der Brauch.

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Unnamed Road, 06308, Deutschland

Bad im Fischteich

In der Mittagshitze des Pfingstmontags werden die Pfingsttänzer von der Pfingstwiese den Berg hinab durch den Wald zum Ahlsdorfer Fischteich getrieben. Das Bad im Teich gehört zu den Höhenpunkten der Festlichkeiten und wird zum Spektakel: Trockeneisschwaden ziehen über das Gewässer, ein Bursche nach dem anderen landet im feuchten Nass und das Wasser für die Fische wird immer knapper und trüber. Inmitten des Tümpels dient eine Überlauftonne den Burschen als Anlaufpunkt. Einer der Burschen stellt sich auf die Tonne und lässt die Peitsche knallend kreisen, während sich zahlreiche weitere Burschen auf die Tonne setzen, oder sich weiter unten an ihr festklammern und wegducken. Auch die Schaulustigen am nahegelegenen Ufer werden nicht verschont. Immer wieder fliegt Matsch in die Menge und einzelne müssen den Burschen unfreiwillig ins schlammige Gewässer folgen. Aus sicherem Abstand lässt sich das Treiben hingegen vom Vereinsheim aus beobachten. Dort ist inzwischen auch der Spielmannszug Großörner eingetroffen und reiht sich in die Schlange der Durstigen am Ausschank ein.

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Unnamed Road, 06308 Mansfeld, Deutschland

Flamme der Freundschaft

Innerhalb eines Wohngebiet am Rande des Stadtzentrums von Hettstedt befindet sich die »Flamme der Freundschaft«. Das 10,5 m hohe Denkmal erinnert an den Anschluss des Walzwerks und der Kupferhütte an die 1974 neu verlegte Gasleitung aus der ehemaligen Sowjetunion. Hettstedt und die umliegenden Betriebe waren bis zu diesem Zeitpunkt auf Brennmittel wie Kohle und Holz angewiesen, somit wurde die Anbindung an das russische Gas, gerade in Anbetracht der Luftverschmutzung, freudig begrüßt. Am 3. Oktober 1974, reiste eine Delegation aus dem ukrainischen Kriwoj Rog (bekannt aus dem Film »Fahne von Kriwoi Rog« 1967) an,  um das aus sechs Tonnen Edelstahl und weiteren sechs Tonnen Bronze erschaffene Bauwerk einzuweihen. Das gestaltete Areal diente zudem als Aufmarsch- und Festplatz, heute wirken die leeren Flächen verwaist. Im Sockel des Denkmals hat der Förderverein zur Erhaltung der Flamme der Freundschaft (Risom-Tradition) seinen Sitz. Dieser beherbergt außerdem eine kleine Privatsammlung des ehemaligen Bergarbeiters Lothar Hentschel, welcher zudem der Vorsitzender des Vereins ist. Heute macht man sich Sorgen um das Denkmal. Zum einen wird die ideologische Ausrichtung des Denkmals kritisiert, zum anderen aus Angst vor Metalldieben, die womöglich mit einem russischen Großhubschrauber den Obelisken Hettstedts entführen könnten.

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Flamme der Freundschaft, Hettstedt, Deutschland

Kriegsende 1945 bei Ahlsdorf

In den Morgenstunden des 13. April 1945 kam an der Bahnstrecke hinter Ahlsdorf, 14 Tage vor dem Kriegsende zu einer Auseinandersetzung zwischen amerikanischen Soldaten und einem versprengtem Trupp des Volkssturms. Dabei fielen 10 Anhänger des Nazi-Regimes bei Kämpfen mit den aus Westen, von der Annaröder Anhöhe, kommenden Amerikanern. Im Dorf gibt es noch Erinnerungen daran, auch wenn die Gefallenen, bis auf den dort ansässigen Lehrer, nicht aus der Region kamen. Eine Tafel, ein Stein sowie ein Denkmal auf dem örtlichen Friedhof erinnern an das Geschehen. Die Bahnlinie war ein militärstrategisch wichtiger Punkt. Die als Kanonenbahn (Bauzeit: 1877–1882) bekannte Strecke zwischen Berlin und dem südlich von Ahlsdorf gelegenen Blankenheim verknüpfte den Großraum Berlin mit dem industriell stärker ausgeprägtem Westen des Landes.

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Bärenstraße 14, 06313 Ahlsdorf, Deutschland

Pfingstfest: Maienschlagen

Am Pfingstsonntag, kurz nach Sonnenaufgang treffen sich die ausdauernsten Pfingstburschen zum erneuten Maienschlagen, um auf dem Festgelände die bereits welken Birken auszutauschen. Dazu wird ein Traktor nebst Anhänger bereitgemacht, und eine Gruppe von ca. 10 Männern macht sich auf in die nahegelegene Flur hinter Ahlsdorf im Bereich der Zugstrecke. Die jungen Birken wurden zuvor ausgekundschaftet, sodass schnell mit dem Schlagen der ca. 3m hohen Bäumchen begonnen werden kann. Zur Erfrischung gibt es selbstgemachte Fruchtbowle und immer wieder wird die sogenannte Zählung durchgeführt, ein penibles Kontrollieren der Anwesenheit der Burschen welches bei Missachtung mit einer nicht geringen Geldstrafe geahndet wird. Mit einem Anhänger voll frischem Grün geht es zurück durch das Dorf hinauf in den Ahlsdorfer Grund. Am Ende des besiedelten Gebiets wird die Gruppe von einem älteren Ehepaar zum Kaffee empfangen, eine versprengte Gruppe Burschen triffst erst hier auf die Gesellschaft und muss somit eine Strafe zahlen. Die Sonne steht jetzt bereits steil am hochsommerlichen Himmel, der Zug macht sich jetzt auf zum Vereinsheim, weiter bergauf im Grund gelegen, um dort bei einem kräftigen Frühstück den weiteren Tag zu besprechen. Der Grill ist bereits vorgeheizt und die eigene Schankanlage in Betrieb. Es gibt Heimisches vom lokalen Fleischer und allerlei Späße untereinander. Gegen Mittag soll der Festplatz erreicht werden, unter lautem Gesang und mit vielen frischen Maien auf dem Anhänger, treffen die Pfingstburschen pünktlich hier ein.

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Grundstraße 23, 06313 Ahlsdorf, Deutschland

Großbäckerei Hettstedt

Auf dem Weg aus Hettstedt heraus, zwischen Malereibetrieb, Automobilhaus und LKW-Station, liegt ein verlassenes Industriegelände. Es ist komplett farblos, ausgeschlachtet und bietet wenig Hinweise auf dessen frühere Nutzung. Einige Indizien weisen auf einen Bäckereigroßbetrieb hin, wie zum Beispiel große gekachelte Räume, Hinweisschilder mit Hygienevorschriften ("Erst desinfizieren, dann produzieren.") und alte Verpackungstüten mit der Aufschrift "Ossi"-Bäckerei mit Adressangabe. Eine kurze Recherche klärt über die Geschichte der DDR-Großbäckerei auf. Nach der Wiedervereinigung wurde diese privatisiert, in "Ossi"-Bäcker umbenannt und findet in dieser Neuorganisierung bereits in den Neunzigern eine schnelle Schließung. Der Name "Ossi-Bäckerei" lässt Raum für Spekulation über eine voreilige und verzweifelte Marketingstrategie.

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Auf dem Weinberg 4, 06333 Hettstedt, Deutschland

Schießstand bei Sandersleben

Wir folgen hinter dem Bahnhof von Sandersleben der Arnstedter Straße und erreichen nach einer kurzen Steigung das freie Feld. Nach einigen Metern auf der Birnenallee führt eine Fahrspur nach rechts zu zwei Containerhäuschen. Hier treffen wir Frau Rockmann die Vorsitzende vom Arnstedter Schützenverein, sie hat gerade frische Tontauben vorbeigebracht und macht nun Vesper und schaut dabei übers Land. In der Senke des Schießstandes liegen die zahlreichen neonfarbene Splitter zerschossener Scheiben. Die Scheiben sind aus Ton und somit biologisch abbaubar, versichert uns Frau Rockmann  Wir fragen wie wir uns das Schützendasein vorstellen können und wer überhaupt zum Schießen kommt. Frau Rockmann steigt aus dem Auto, eine Böe pfeift über unsere Köpfe. Der Wind hier oben macht es schwierig aber es ist gut für die Kasse  sagt sie schmunzelnd und sie erzählt gleich weiter, “wir schießen auf Trab und manchmal machen wir auch Bogenschießen. Es kommen auch welche die vor der Jägerprüfung stehen zum Üben her. Geschossen wird sonntags ab 10 Uhr.” Bevor wir weiterfahren schenkt uns Frau Rockmann zum Abschied zwei ganze Tonscheiben.

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Unnamed Road, Deutschland

Ein weißer Gulasch-Bus

Oberhalb von Walbeck, an der B180 in Richtung Aschersleben, steht an allen Werktagen mittags der Gulaschkanonen-Bus. Wir kommen auf dem Feldweg vom Unterdorf den Berg hochgefahren und einer Erscheinung gleich erwartet uns am Chausseerand ein langer weißer Ikarus-Bus. Zwischen dem Megabombing >Hahndorfsgulaschkanonenbus< an seinen beiden Seiten hüpfen Eistüten, Bockwurst und Kaffeetassen. Die Zieharmonikatür öffnet sich per Knopfdruck. Im inneren vermitteln Bistrotische, Gardinendekor und Kunstblumen die Behaglichkeit von einem Diner. Die Scheiben sind vom Wirsingdampf beschlagen. Jenseits der Gläser rollt unaufhörlich der Verkehr der Bundestraße. Auch wenn Hahndorfs ihre Gulaschkanonen längst in Großörner, in Welfesholz und neuerdings auch in Aschersleben auffahren, dieses mobile Restaurant ist etwas ganz Besonderes.

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B180, 06333 Walbeck, Deutschland

Die Halde hinter Hergisdorf

Zwei Mitarbeiter der Getränke Quelle in Hergisdorf und Anwohner der Halde wurden beim Entladen eines Lieferautos getroffen und berichteten über die Halde: Erst nach der Wende wurde die Strahlung gemessen. Zu DDR-Zeiten hat niemand über Strahlung der Halde geredet. Bei Ahlsdorf/Hergisdorf wurden mittlerweile etwa 5 Meter von der Haldenhöhe abgetragen, Richtung Wimmelburg wurde noch nichts abgetragen. Die Anwohner bestätigen, dass das Schwarz beängstigen kann, sie als Anwohner ignorieren aber die Halde: "Da guckste gar nicht mehr drauf. Das war schon immer da." Sie schätzen außerdem, dass es in ihrem Umfeld nicht übermäßig viele Krebserkrankungen gibt. 80–90 Jahre sei eine übliche Lebenserwartung. Es wurde bis zur Wende gearbeitet und abgekippt. Die Loren fuhren als kleiner Zug an und wurden von Arbeiterinnen, die an den Rädern standen, ausgekippt. Arbeiter führten die Lok. Besonders das Auskippen sei gefährlich gewesen, da die heiße, flüssige Schlacke überschwappen konnte und die Loren im Zug zusammenhingen. Die Anwohner sagen, es habe viele Verletzungen gegeben, wovon nur wenig bekannt wurde. 1989/90 wurde der Betrieb sofort eingestellt. Die Betriebsschließung war schon geplant, denn der Kupferschiefer war fast ausgeschürft. Aber solange in Sangerhausen gefördert wurde, wurde die Hütte betrieben. Dazu war einst geplant, per Seilbahn von Sangerhausen Erz in Loren bis in die Hütte des VEB Mansfeld Kombinates bei Ahlsdorf/Hergisdorf zu befördern. Die Realisierung des Projekts war zu kostenintensiv. Die Masten, die dafür schon aufgestellt waren, sind mittlerweile nicht mehr da.

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Hüttenhof 12, 06313 Hergisdorf, Deutschland
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